Eine App, um Arbeitsabläufen zu analysieren und sie nach ergonomischen Kriterien zu verbessern.
Hintergrund
Arbeitsbedingte Erkrankungen des Bewegungsapparats sind EU-weit der häufigste Grund für Krankenstandstage und langfristige Arbeitsunfähigkeit. Trotz einiger Schwankungen in den Zahlen (z.B., rückläufiger Trend während Covid-19 Pandemie), ist die Erkrankungsrate im Mittel über die letzten 30 Jahre nahezu unverändert. Das lässt nicht erwarten, dass ohne Maßnahmen der Anteil an Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) abnehmen wird. Der demographische Wandel stellt eine zusätzliche Herausforderung dar, da die körperliche Leistungsfähigkeit im Alter abnimmt. Es ist daher ein nachhaltig wirksames Konzept erforderlich, um gesunde Arbeitsbedingungen für Menschen jeden Alters zu schaffen.
Projektinhalt
Ergonomie als Wissenschaftsdisziplin untersucht Arbeitsbedingungen, identifiziert Risikofaktoren für die Gesundheit, und gibt Empfehlungen für Verbesserungen. Das methodische Rüstzeug umfasst Umfragen, Beobachtungen durch Expert*innen, aber auch automatisierte Verfahren. Umfragen sind zwar relativ kostengünstig und gewähren Einblick in Arbeitsabläufe, allerdings erfordern sie eine hohe Teilnehmer*innenzahl und erfassen überwiegend subjektive Einschätzungen. Qualifizierte Expert*innen untersuchen Arbeitsvorgänge mit Hilfe eigens entwickelter Bewertungsverfahren. Dies ist im Vergleich zu Umfragen zeitaufwändig und hat trotz des strukturierten Vorgehens ebenfalls eine subjektive Komponente. Automatisierte Verfahren verwenden Sensoren (z.B. motion capturing) und erlauben objektive Messungen. Allerdings erfordern sie entsprechendes Equipment und Expert*innenwissen bei der Datenverarbeitung. Das und die damit verbundenen hohen Kosten stehen einer breiten Anwendung entgegen.
Angesichts dessen und der Notwendigkeit die gesundheitliche Prävention auszubauen, sind daher neue, kostengünstige Lösungen gefragt, die zuverlässige und belastbare Ergebnisse liefern und für die Beteiligten und Betroffenen leicht zugänglich und anwendbar sind.
Ziel
In dem Projekt Ergo4A wollen das Institut für Managementwissenschaften der TU Wien und die FH St. Pölten Arbeiter*innen in die Lage versetzen ihre täglichen Arbeitsabläufe selbstständig und nach ergonomischen Kriterien zu beurteilen. Dafür entwickeln wir eine mobile App, die Ergonomie als Thema näher bringt, aber auch gleichzeitig eine einfache Möglichkeit bietet die eigenen Arbeitsabläufe zu analysieren und daraufhin Verbesserungen vorzunehmen.
Methode
Die App beruht auf dem aktuellen Entwicklungsstand zu Bildverarbeitung und künstlicher Intelligenz und verwendet Algorithmen zur Erfassung von Körperhaltungen auf der Grundlage von Video-Streams. Sie ermöglicht es den Anwender*innen ihre Körperhaltung in Echtzeit zu analysieren sowie für weiterführenden Analysen nochmal abzuspielen und zu speichern. Damit alle Aspekte der Arbeitsergonomie akkurat bewertet werden können, wird anhand bestehender ergonomischer Verfahren ein Formular entwickelt und in die App integriert. Die Nutzer*innen können zudem Daten wie Häufigkeit und Dauer einer Tätigkeit, Gewicht von Gegenständen mit denen hantiert wird oder Aspekte wie Lärm, Temperatur usw. mit in die Analysen aufnehmen und so ein umfassenderes Bild der Arbeitsbedingungen zeichnen. Personenbezogenen Daten werden dabei direkt am Handy analysiert. Eine Weiterverarbeitung in verteilten Rechensystemen (Cloud u.ä.) erfolgt nicht.
Zusätzlich werden neuartige Modelle entwickelt, die über natürliche Sprache (Counterfactuals, Gegenbeispiele oder Kontrafakte) und aussagekräftige Visualisierungen auf schlechte Körperhaltung hinweisen können. Um die Projektergebnisse und die App den Zielgruppen (Arbeitnehmer*innen, Betriebe, Multiplikator*innen und Expert*innen zu Ergonomie) näher zu bringen, werden mehrere Weiterbildungsworkshops veranstaltet.
Ergebnis
Um die Arbeitsbedingungen in Niederösterreich zu verbessern und gesundheitliche Folgeschäden durch Fehlhaltungen oder ungünstigen Bewegungsabläufen gering zu halten, sind Maßnahmen notwendig. Herkömmliche Methoden aus der Ergonomie leisten zwar gute Dienste, sind aber entweder zu aufwendig und kostenintensiv, in ihrem Wirkungskreis begrenzt, oder liefern unzureichend genaue Resultate. In diesem Projekt schaffen die TU Wien (Institut für Managementwissenschaften) und die FH St. Pölten Abhilfe, indem sie eine einfache und breit zugängliche mobile App erstellen, die dabei unterstützt Arbeitsabläufe selbstständig zu analysieren. Die App sensibilisiert die Anwender*innen für ergonomische Arbeitsabläufe und leitet dazu an Verbesserungen zu arbeiten. Damit erreichen wir eine Erhöhung des Bewusstseins für Ergonomie bei Niederösterreichs Arbeitskräften und tragen dazu bei gesundheitlichen Schäden am Bewegungsapparat vorzubeugen.
Fördergeber
Sie wollen mehr wissen? Fragen Sie nach!
Forschungsgruppe Digital Technologies
Institut für Creative\Media/Technologies
Researcher
Forschungsgruppe Digital Technologies
Institut für Creative\Media/Technologies
Department Medien und Digitale Technologien
- TU Wien, Institut für Managementwissenschaften (Projekthauptverantwortung)